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Luigi Colani: Nachruf in Fachzeitschrift SBZ

14. März 2020 von farconsulting
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Colani hat das Pro­dukt­de­sign in vielen Berei­chen maß­geb­lich geprägt. Für die Sani­tär­bran­che war Luigi Colani der Geburts­hel­fer in ein neues Zeit­al­ter. Sein für Vil­leroy & Boch ent­wor­fe­nes Bad­pro­gramm zur ISH 1975 gilt im Rück­blick heute noch als revo­lu­tio­när. Der gebür­ti­ge Ber­li­ner ent­warf im Laufe seines Lebens legen­dä­re Autos, Kame­ras und Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de. Colani starb am 16. Sep­tem­ber im Alter von 91 Jahren in Karls­ru­he. Dieser Nach­ruf von Frank A. Rein­hardt für die SBZ skiz­ziert eine Ausnahmepersönlichkeit.

Für die Sani­tär­bran­che war Colani der Geburts­hel­fer in ein neues Zeitalter.

Dass Luigi (Lutz) Colani schon immer sein Auf­tre­ten benutzt hat, um Mei­nun­gen und Men­schen zu pola­ri­sie­ren, war mehr als ein geschick­ter Mar­ke­ting-Trick: Seine Begeis­te­rung war so anste­ckend, weil sie echt war. Colani prägte wie kein ande­rer das Bild vom Design beim Mann auf der Straße, aber auch das Denken in den Köpfen der deut­schen Instal­la­teu­re. Und auch die Indus­trie wür­digt rück­bli­ckend die Arbeit Luigi Cola­nis: Fast ein­hel­lig beschei­ni­gen füh­ren­de Unter­neh­men der Sani­tär­in­dus­trie Colani für ihre Bran­che eine außer­or­dent­li­che Pio­nier­leis­tung in Sachen Design, und ins­be­son­de­re die Vil­leroy & Boch AG ver­öf­fent­li­che kurz nach der Bekannt­ma­chung durch die dpa ihre Bei­leids­be­kun­dung zum Tod der Ausnahmepersönlichkeit.

Luigi Colani teilte das Schick­sal von Pio­nie­ren in einer ent­wi­ckel­ten Welt: Der Wage­mut, die Expe­ri­men­tier­freu­de und die Dyna­mik, die man an ihnen so geschätzt hatte, als es Land zu erobern galt, erscheint den nach­fol­gen­den Sied­lern auf einmal zu ris­kant. Und so sah sich Colani in den letz­ten drei Jahr­zehn­ten seines Lebens einer Wider­stands­hal­tung der Indus­trie gegen­über­ge­stellt, die er als Zöger­lich­keit der unter Erfolgs­druck ste­hen­den Macher anpran­ger­te. Wahr ist, dass eine siche­re Kugel mit Colani wohl nie zu schie­ben war; und Mut zum Risiko ist heute nun mal selten zu finden. Colani for­der­te Frei­räu­me und ver­brei­te­te Unruhe, was ihn zu einem unbe­que­men, weil nicht oder nur schwer kal­ku­lier­ba­ren Faktor in den alles beherr­schen­den Wirt­schaft­lich­keits­be­rech­nun­gen machte. Schwer­wie­gen­der noch wird aber wohl das Beden­ken der Vor­stands­ebe­nen eta­blier­ter Mar­ken­un­ter­neh­men gewe­sen sein, sich mit der Ent­schei­dung für ein Colani-Aben­teu­er dem Ruf aus­zu­set­zen, sich auf skur­ri­le Abwege zu bege­ben. Abge­se­hen von seiner gele­gent­lich erfri­schend undi­plo­ma­ti­schen Art und der von Ver­tre­tern des soge­nann­ten „guten (Norm-)Geschmacks“ bedau­er­ten Tat­sa­che, dass sich seine Hand­schrift dem Zei­ten­wan­del par­tout nicht anpas­sen konnte oder wollte, konnte man sich noch über so manche Eigen­art Cola­nis – um nicht zu sagen Extra­va­ganz – bekla­gen. Sein Abso­lu­tis­mus und sein umwer­fen­des Selbst­be­wusst­sein waren zumin­dest gewöh­nungs­be­dürf­tig. Doch ihn als Spin­ner abzu­tun hieße, eine gewis­se genia­li­sche Frei­geis­tig­keit und Respekt­lo­sig­keit gegen­über den gewohn­ten Spiel­re­geln des Mark­tes mit Welt­fremd­heit zu ver­wech­seln. Letzt­lich wird nie­mand umhin­kön­nen, dem Alt­meis­ter Unbe­stech­lich­keit im Urteil und intui­ti­ve Klar­sicht im Hin­blick auf wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge zu beschei­ni­gen – wie das nach­fol­gen­de SBZ-Inter­view aus dem Jahre 2000 beweist. In weiten Teilen scheint es aktu­el­ler denn je.

„Der Pro­phet gilt nichts im eige­nen Land“ – die Wahr­heit dieses Sprich­wor­tes hat Colani zwei­fels­oh­ne sein ganzes Leben ver­folgt. Er musste damit leben lernen – und er lebte nicht schlecht. Wenn die aben­teu­er­li­chen Gerüch­te um sein Werk auch nur teil­wei­se wahr sind, hatte der Desi­gner ein aus­ge­spro­chen krea­ti­ves und erfüll­tes Arbeits­le­ben. Für die Sani­tär­bran­che war Colani der Geburts­hel­fer in ein neues Zeit­al­ter. Auf der ISH 1975 stell­ten Vil­leroy & Boch, Keuco (damals noch Paul Keune & Co. KG) und Grohe zusam­men mit Colani die erste Bade­zim­mer-Kol­lek­ti­on vor – das Life­style-Bade­zim­mer war erfun­den. Dieses Kon­zept machte das Bade­zim­mer letzt­lich zu dem Raum, der er heute ist. Was bleibt, ist die Frage, ob es nicht ein Fehler war, das Poten­zi­al und die Popu­la­ri­tät eines Colani zu unter­schät­zen und eine viel­leicht ein­ma­li­ge Chance unge­nutzt gelas­sen zu haben. Zumal die Suche nach Per­sön­lich­kei­ten keine unend­li­chen Mög­lich­kei­ten bereit­hält und es vielen zuneh­mend aus­tausch­ba­ren Pro­duk­ten genau an dem man­gelt, was Colani im Über­maß aus­zeich­ne­te: Originalität.

Frank A. Rein­hardt (Dipl. Des.)

 

Die SBZ-Aus­ga­be 2019 bietet etwas noch nicht Dage­we­se­nes. Erst­mals in der mehr als 70-jäh­ri­gen Geschich­te dieser Fach­zeit­schrift druckt der SBZ-Chef­re­dak­teur Dennis Jäger einen Bei­trag bewusst ein zwei­tes Mal ab. Es han­delt sich um ein Inter­view, das zudem noch aus dem Herbst des Jahres 2000 stammt. Das klingt erst­mal so, als sei es alles andere als „frisch“, geschwei­ge denn mit aktu­el­len Aus­sa­gen ver­se­hen. Aber weit gefehlt. Die Inhal­te „von ges­tern“ sind näm­lich auch heute noch brand­ak­tu­ell. Das liegt vor allem am Inter­view­ten. Dirk Schlatt­mann und Frank A. Rein­hardt hatten es damals für die SBZ geschafft, einen Gesprächs­ter­min mit der Design­le­gen­de Luigi Colani zu ergattern.

Arti­kel in der SBZ 2019
Inter­view mit Luigi Colani aus dem Jahre 2000
SBZ-Kom­men­tar Dennis Jäger